Als Kriegsberichterstatter in der Ukraine – Vassili Golod: täglich in der ARD

15. SEPTEMBER | 19.30 UHR | FRANKFURTER PRESSECLUB, ULMENSTR. 20, 60325 FRANKFURT

ZU GAST
Vassili Golod (Journalist und Korrespondent für die ARD)

MODERATION
Sarah Maxen (Nachrichtenredakteurin bei Hit Radio FFH)

Der Alltag des Kriegsberichterstatters

ARD-Korrespondent aus Kiew Vassili Golod zu Gast

Kooperationspartner des Abends:
Frankfurter PresseClub
Hörfunkschule Frankfurt im Medienhaus der EKHN
Netzwerk Journalismus e.V. in Gründung

Auch ein Kriegsberichterstatter muss versuchen, hin und wieder abzuschalten und an etwas anderes zu denken als an Zerstörung und Leid. Sehr plastisch hat der ARD-Korrespondent in Kiew Vassili Golod auf der gemeinsamen Veranstaltung von der Hörfunkschule Frankfurt im Medienhaus der EKHN, dem Netzwerk Journalismus e.V. in Gründung und des FPC von den Besonderheiten seiner Arbeit berichtet. Ein bis zweimal in der Woche gehe er seinem Lieblingssport dem Fechten nach, um den Kopf wenigsten für einige Stunden frei zu bekommen. Aber er habe auch Freunde mit denen er manchmal essen gehe und selbst Kinobesuche seien gelegentlich möglich. Ansonsten sei es sehr schwer abzuschalten. Nach den großen Anstrengungen der vergangenen Monate versuche er für das Team und auch für sich, einen etwas geregelteren Alltag zu bekommen. Ein typischer Tagesablauf beginne schon in der Nacht, wenn es Luftalarm gebe. Dann prüfe er auf den verschiedenen Kanälen, wo das Geschehen stattfinde und wie gravierend es sei. Am nächsten Morgen werden dann die Updates zu dem Ereignis gelesen. Für die Nachrichten, die nicht überprüft werden können, werden in dem Bericht die Quellen genannt. Aber Golod reagiert nicht nur auf die aktuellen Kriegsereignisse, sondern unternimmt auch eigene Recherchereisen und interviewt in verschiedenen Landesteilen Menschen. Der Korrespondent erläuterte die zahlreichen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen in der Kriegsberichterstattung. Werde z.B. ein Wohnhaus neben einem Kraftwerk von einer Rakete getroffen, dürfe er sich in der Live-Schalte nicht vor dem Kraftwerk filmen lassen, da die Russen das Material auch auswerteten. Dann sähen sie, dass das Kraftwerk noch nicht vollständig zerstört sei und würden unmittelbar eine weitere Rakete abschießen. Auch könne man keine Flugabwehr filmen, da die Russen dadurch den Standort herausfinden könnten und diese beschießen würden. Man müsse sich immer viele Gedanken machen, damit man niemanden durch die Berichterstattung gefährde. Schwer fiel es Golod, die Gefühle an einem Unglücksort zu beschreiben, wenn er dabeistehe, wie nach und nach die Leichen geborgen würden. Eine Frau berichtete ihm vor einem zerstörten Wohnhaus, sie sei vor dem Fernseher eingeschlafen und daher nicht ins Schlafzimmer gegangen. Das war ihre Lebensrettung, weil es das Schlafzimmer nicht mehr gab. Die Gräueltaten des russischen Aggressors abzubilden sei wichtig, um den Zuschauerinnen und Zuschauern in Deutschland zu zeigen, was die ukrainische Gesellschaft seit Beginn des Angriffskriegs durchmachen muss. Ihm selbst helfe das Handwerk der journalistischen Berichterstattung dabei, das Gesehene zu verarbeiten, meinte Golod. Er habe den besten Job, den er sich vorstellen könne und beschäftige sich nicht mit weiteren Karrieregedanken, sagte er auf die Frage nach zukünftigen journalistischen Herausforderungen. Vielmehr sei er dankbar für den Auftrag, den er habe. Als Aufgabe formulierte er für sich, die Entwicklungen journalistisch klar und sauber einzuordnen. Konkret gehe es zum Beispiel darum, die genozidalen Absichten Russlands im Krieg gegen die Ukraine, zu untersuchen und zu benennen. Die Aufgabe sei zu zeigen, was ist und alle Entwicklungen gründlich und verständlich darzustellen. Aber er sehe seine Verantwortung darüber hinaus auch darin, die Ukraine in all ihren Facetten – vom Kampf gegen die Korruption bis hin zu ihrer beeindruckende Geschichte und Kultur – greifbar zu machen. Von Moderatorin Sarah Maxen auf einen Rat für die überwiegend jungen Journalistinnen und Journalisten angesprochen gab er ihnen mit: Vergesst nie, warum Ihr diesen Beruf ergriffen habt. Behaltet das Feuer, lasst euch nicht unterkriegen, bleibt leidenschaftlich dran.“ Das Publikum war tief beeindruckt von den zum Teil sehr persönlichen Schilderungen des Korrespondenten, der vor rund zehn Jahren selber Absolvent der Hörfunkschule war.

Vassili Golod
Foto © WDR/Annika Fußwinkel
Sarah Maxen
Foto © lensflairs.de

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