Haben die nen Podcast?

Haben die ‘nen Podcast oder sind die tot?

09. November 2019 | 19.00 Uhr | Museum für Kommunikation, Schaumainkai 53, 60596 Frankfurt am Main

Zu Gast
Linda Becker (Freie Journalistin / Autorin / Moderatorin, Podcast „Im Namen der Hose“)
Patrick Breitenbach (Head of Brand Consulting & Strategic Innovation bei ZDF Digital, Podcast „Soziopod“)
Stefan Schulz (Soziologe/Autor/Journalist, Podcast „Aufwachen“)

Moderation
Marvin Mendel (Redakteur für Social Media und Bewegtbild bei hessenschau.de, Eintracht-Podcast und Fussball 2000 – der Eintracht Videopodcast)

Podcast: persönlich, nischig und auf Augenhöhe

FPC Netzwerkveranstaltung im Museum für Kommunikation

Podcast ist ein Nischenprodukt. Darin waren sich die Teilnehmer des Podiumsgespräches der FPC-Netzwerkveranstaltung im Museum für Kommunikation einig. Linda Becker pointierte es: persönlich, nischig, auf Augenhöhe und unterhaltend. Aber die Diskussion zeigte auch, dass viele Podcasts eine erhebliche gesellschaftliche Relevanz haben. So verwies Stefan Schulz darauf, dass sein Podcast „Aufwachen“ in der Altersgruppe unter vierzig Jahren genauso viele Zuschauer habe wie Claus Kleber mit dem Heute-Jounal. Allerdings würden im Netz neu entstandene Formate von Journalisten oft nicht in ihrer Bedeutung erkannt und wahrgenommen. So hieß es in vielen Redaktionen nach der Veröffentlichung des Videos „Zerstörung der CDU“ von Rezo, von diesem Youtuber habe man noch nie gehört, obwohl er mit seinen Kanälen drei Millionen Abonnenten erreiche.

Patrick Breitenbach wollte jedoch die Besonderheit der Podcasts nicht in der Verbreitung sehen. Das Fixieren auf die Reichweite sei altes Denken. Entscheidend sei vielmehr die Auswirkung, die Möglichkeit, durch die sehr persönliche Ansprache bei den Zuhörern oder Zuschauern etwas zu bewirken. Zum Beispiel hätten Hörer seines Soziopods ihm die Rückmeldung gegeben, dadurch den Anstoß bekommen zu haben, das Abitur zu machen. Linda Becker hob hervor, dass in ihrem Sexpodcast „Im Namen der Hose“ der sehr persönliche Erzählstil der Moderatorinnen entscheidend sei. Dadurch erhielten sie auch ebenso persönliche Rückmeldungen und könnten auch etwas bewirken. Unter anderem habe auch ein Mädchen nach einem Podcast von einer geplanten Brustvergrößerung wieder Abstand genommen.

Die Podiumsteilnehmer verwahrten sich einmütig gegen Betrachtung von Podcasts als einem reinen Vertriebsweg. Eine Radiosendung unbearbeitet als Podcast auf den Markt zu bringen, werde diesem Format nicht gerecht. Das bleibe dann einfach Radio und so solle man es dann auch weiterhin nennen, meinte Stefan Schulz. Die eigentlichen Podcasts hätten neue Formate jenseits der Programmschemen der Radio- und Fernsehsender entwickelt, erläuterte Patrick Breitenbach. Aber auch bei Podcasts müsse die Transparenz gewährleistet sein. Der Konsument müsse Klarheit darüber haben, ob ein Beitrag aus freien Stücken entstanden oder durch einen Sponsor interessengesteuert sei.

Und wie geht es weiter mit den Podcasts? Ist es nur wieder einmal eine Welle und verschwinden sie bald wieder oder bleiben sie als ein neues Segment auf dem Markt, wollte Moderator Marvin Mendel wissen. Breitenbach verlangte, für die weitere Etablierung des Formats seien Suchmaschinen dringend erforderlich, die es derzeit für Podcasts noch nicht gebe. Schulz sah es als eine Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Anstalten an, Plattformen für Podcasts anzubieten und so assistierend für die Podcastszene zu wirken. Aber Podcasts blieben in jedem Fall als ein sehr persönliches und direktes Format erhalten. Tine Nowak vom Museum für Kommunikation formulierte die Sorge, durch die Zersplitterung des Medienkonsums verliere die Gesellschaft auch den Kitt, der sie zusammenhalte. Dem begegnete Breitenbach, nicht der Medienkonsum halte die Gesellschaft zusammen, sondern die realen Begegnungen. Eine Besonderheit der Podcasts berichteten die Podiumsteilnehmer noch abschließend: Der jeweilige Erfolg ist im Wesentlichen durch Mund-zu-Mund-Propaganda zustande gekommen, ausgeklügelte und kostspielige Marketingkonzepte hat es in keinem Fall gegeben.

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