12 OKTOBER | 19.30 UHR | IN PRÄSENZ IM FPC, ULMENSTR. 20, 60325 FRANKFURT
ZU GAST
● Juergen Boos (Direktor und Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse)
● Prof. Dr. Meron Mendel (Professor für Soziale Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank)
MODERATION
● Carsten Knop (FPC Vizepräsident)
Größte Herausforderung ist Platzierung der Stände
Internationale Konflikte wirken sich auf die Buchmesse aus
Mit einem Awareness-Team möchte die Buchmesse möglichen Diskriminierungen auf der Veranstaltung begegnen. Gut ausgebildete junge Menschen in leuchtenden Jacken sollen für jeden, der sich diskriminiert fühlt, als Ansprechpartner bereitstehen. Bei körperlichen Angriffen sollen sie umgehend die Polizei einschalten. So soll das Sicherheitsgefühl von Minderheiten erhöht werden, die sich von Vertretern extremistischer Verlage bedroht fühlen. Das hat Jürgen Boos, Direktor der Buchmesse, auf dem Clubabend des FPC erläutert. Boos wandte sich gegen die Forderung, rechtsextreme Verlage von der Teilnahme auszuschließen. Die Messe sei keine Zensurbehörde und eine solche Maßnahme bedeute die Verweigerung des Marktzuganges. Er wehrte sich auch gegen Aufrufe zum Boykott wegen der Präsenz rechter Verlage. Das entspreche nicht der DNA der Buchmesse. Vielmehr müsse man auch lernen, missliebigen Positionen zuzuhören. Deutlichen Widerspruch erntete er dafür von Meron Mendel, dem Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. Bei manchen Verlagen komme man mit Zuhören nicht weiter. Es gehe dabei nicht nur um physische Gewalt, sondern auch um verbale Angriffe. Als Beispiel schilderte er, wie seine Frau, die pakistanischer Abstammung ist, von einem rechtsextremen Verlagsvertreter angesprochen worden sei, sie habe in Deutschland nichts zu suchen und solle in ihre Heimat zurückkehren. Mendel meinte, derartige Ausfälle seien nicht nur ein Thema für die Messeleitung, sondern in einer solchen Situation sei jeder gefragt zu intervenieren. Mendel sah auch die Gefahr, dass sowohl extremistische Verlage wie auch Boykottaufrufe eine unverhältnismäßige Aufmerksamkeit bekommen, die auf Kosten der Gesamtveranstaltung geht. Die Messe würde gleichermaßen gehijackt. Mendel brachte als ein wichtiges Instrument der Steuerung die Platzierung der Verlagsstände ein. Boos gestand ein, dies sei eine der größten Herausforderungen. Neben Sicherheitsaspekten spielten die zahlreichen internationalen Konflikte eine wichtige Rolle. So könnten kurdische Verlage auf keinen Fall neben türkischen Verlagen platziert werden. Die internationale Politik wirke sich auf vielen Ebenen auf das Geschehen aus. So gebe es wegen des Überfalls von Russland keine offiziellen russische Verlage, die vom Staat unterstützt würden. Russische Autoren hingegen werde es geben, diese lebten aber in der Regel im Exil. Oppositionelle russische Autoren, die noch in ihrem Land lebten, müssten damit rechnen, nicht wieder einreisen zu können. Nach Auffassung von Boos ist die Buchmesse in den vergangenen Jahrzehnten nicht politischer geworden. Politische Konflikte habe es in ihrem Rahmen schon immer gegeben. Aber vielleicht, sei die Gesellschaft gegenüber solchen Konflikten sensibler geworden. Die Messe könne auf solche Konflikte nur mittelbar Einfluss nehmen, indem sie z.B. Menschenrechtsverletzungen sichtbar mache.