Herausforderung Afghanistan – Auslandskorrespondentin Katrin Eigendorf zu Gast

25. Januar 2021 | 19.30 Uhr | ONLINE BEI ZOOM

Zu Gast
Katrin Eigendorf (Auslandskorrespondentin beim ZDF)

Moderation
Jana Sauer (Präsidentin des FPC)

Noch sind kritische Interviews möglich

ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf über die Arbeit in Afghanistan

Düstere Aussichten für die Zukunft Afghanistans hat die internationale Korrespondentin des ZDF Katrin Eigendorf während des Online-Clubabends des FPC gezeichnet. Nach ihrer Auffassung ist es äußerst fraglich, ob die Taliban dieses Land überhaupt regieren können. Denn inzwischen zeichne sich ein Bürgerkrieg zwischen verschiedenen Gruppierungen ab. Auf der einen Seite greife der afghanische Zweig des sogenannten Islamischen Staates die Taliban militärisch an und auf der anderen Seite wachse auch in der Bevölkerung der Widerstand gegen das terroristische Regime. Zur Lage der Frauen berichtete Eigendorf, dass die Taliban einer extrem frauenfeindlichen Ideologie folgten. Allerdings gebe es je nach Region für junge Frauen immer noch Möglichkeiten, eine Ausbildung zu erlangen und zu arbeiten. Den Taliban sei inzwischen bewusst, dass sie die Frauen in bestimmten Berufen benötigen, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen. Ausführlich erläuterte Eigendorf die Gratwanderung zwischen journalistischer Berichterstattung und der Rolle als Aktivistin, wenn es um menschliche Hilfe gehe. So habe die Reportage über ein Krankenhaus zu spontanen Spenden in Höhe einer dreiviertel Millionen Euro geführt. Sie sei dann aber in der Folge in die Verantwortung dafür gedrängt worden, dass das Geld auch bei dem Krankenhaus ankomme. Dies sei jedoch eigentlich nicht ihre Aufgabe. Die Korrespondentin, die im vergangenen Jahr den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis erhalten hat, bekannte sich ausdrücklich zu dem vielzitierten Satz, ein Journalist dürfe sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten. Allerdings gelte dies für politische Stellungnahmen. Etwas anderes sei es, wenn sie über menschliche Schicksale berichte und im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch vereinzelt helfe. Das müssten jedoch Einzelfälle bleiben, denn schließlich sei es ihre Aufgabe, als Journalistin über die Realität in Afghanistan zu berichten. Gegenüber ihren Interviewpartnern fühle sie sich zudem dafür verantwortlich, dass ihnen dadurch kein Schaden entstehe. Über ihre Arbeitsbedingungen berichtete die Reporterin, sie könne sich verhältnismäßig frei bewegen und auch kritische Interviews mit Taliban-Vertretern führen. Selbst Fragen zur Unterdrückung der Frauen seien möglich. Den Taliban sei sehr bewusst, dass sie die Berichterstattung über ihr Land und den Kontakt zur westlichen Welt und damit zu vielen Hilfsangeboten benötigen. Trotzdem werde diese Freiheit wahrscheinlich mittelfristig eingeschränkt, sagte Eigendorf voraus. Für afghanische Journalisten dagegen gebe es kaum noch Möglichkeiten zu arbeiten, weshalb die meisten auch das Land verlassen hätten. Von Moderatorin Jana Sauer auf das Thema Angst angesprochen meinte Eigendorf, diese sei wichtig und ein gesunder Ratgeber. Im Gegensatz zu früheren Zeiten nächtige sie nichtmehr in großen Gasthäusern, sondern eher in dem von einem Sicherheitsdienst gut geschützten Komplex des Büros. Ins Auto steige sie nicht auf offener Straße ein, sondern schon im Hof des Gebäudekomplexes. Jungen Journalistinnen und Journalisten, die Auslandskorrespondenten werden wollten, riet die Redakteurin, Eigeninitiative und Kreativität zu entfalten. Sie sollten Sprachen lernen und in Länder reisen, um dort Reportagen zu verfassen. So sei sie selbst 1993 als freie Journalistin nach Russland gegangen und habe ihre Geschichten den Medien angeboten. Der Markt für Berichterstattung aus Krisengebieten sei allemal vorhanden. Die Teilnehmer der Online-Veranstaltung erlebten mit Katrin Eigendorf einen sehr intensiven und teilweise bewegenden Abend. Es war ein gelungener Auftakt des FPC in das neue Jahr.

In Kooperation mit

Katrin Eigendorf
© Katharina Enders
Jana Sauer
© Barbara Walzer

Aufzeichnung der Veranstaltung auf unserem YouTube-Kanal

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