29. März 2021 | 19.30 Uhr | Online bei ZOOM und als Livestream auf YouTube und Facebook
Zu Gast
● Kristin Blum (Teamleiterin Kommunikation bei funk – ARD / ZDF)
● Henning Eichler (Redakteur – Hessischer Rundfunk und Autor der Studie)
Moderation
● Tamara Marszalkowski (FPC-Vorstandsmitglied)
Abhängigkeiten von großen Plattformen
Die Entwicklung neuer Formate der Öffentlich-Rechtlichen
Die Anrede mit „Du“ kommt keineswegs bei allen jüngeren Nutzergruppen gut an, sondern wird teilweise auch als anbiedernd empfunden. Dieses Detail aus einer Studie gibt einen Hinweis auf die zahlreichen Schwierigkeiten für öffentlich-rechtliche Anstalten, wenn Sie ihrem Bildungsauftrag gerecht werden und auch ein Angebot für die nachwachsenden Generationen entwickeln wollen. Theoretische und praktische Einblicke gab der zusammen mit der Evangelischen Akademie veranstaltete Clubabend des FPC. ,Henning Eichler, Redakteur des Hessischen Rundfunks, stellte eine Untersuchung zu diesem Aspekt vor und Kristin Blum, Kommunikationschefin des Jugendprojektes von ARD und ZDF „Funk“ konnte aus der Praxis berichten.
Da sich die jüngeren Generationen schon weitgehend von der gegebenen Sendungsstruktur verabschiedet haben und sich Informationen und Unterhaltung auf anderen Kanälen besorgen, müssen die Öffentlich-Rechtlichen eigens Angebote für diese Kanäle entwickeln. Eine Schwierigkeit bei der Bespielung der großen Plattformen sahen beide Podiumsteilnehmer in der Abhängigkeit von den großen Technologie-Konzernen. Konkret seien Anstalten darauf angewiesen, dass die intransparenten Algorithmen ihre Produkte auch prominent ausspielten. Diese Algorithmen seien aber für ausgeglichene Berichterstattung nicht empfänglich, dagegen reagierten sie deutlich besser auf extreme Äußerungen und Polarisierungen, meinte Henning Eichler. Aus diesem Dilemma hat wiederum Eva Schulz mit dem für Facebook konzipierten funk-Podcast Deutschland 3000 eine Tugend gemacht: Sie bringt in ihrem Format Menschen mit sehr gegensätzlichen Positionen und aus ganz unterschiedlichen Lebenszusammenhängen zusammen, die dann in ein Gespräch miteinander kommen. So wird der Podcast mit seinen gegensätzlichen Positionen dem Algorithmus gerecht und erzeugt gleichzeitig ein Gespräch, das sonst nicht stattfinden würde. Der Podcast kann im Monat 2,6 Millionen Aufrufe verzeichnen, erreicht also eine durchaus relevante Zielgruppe.
Auf ganz andere Art hatte die Redaktion der Sendung Report mit der Abhängigkeit von den großen technologie-Plattformen zu kämpfen. Sie hatte eigens für Instagram einen Beitrag über die Mordanschläge in Hanau produziert. Doch die Künstliche Intelligenz sortierte diesen Beitrag wegen Gewaltszenen wieder aus und zensierte ihn.
Henning Eichler hob hervor, dass die Produktionen für die Social Media sich immer sehr stark an den Nutzerbedürfnissen orientieren müssten, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Sie müssten sich hinsichtlich Tonalität, Bildästhetik, Musik und der Darstellungsart auf den Geschmack des jeweiligen Zielpublikums eingehen. Schon die falsche Hintergrundmusik könne zu einem Einbruch der Quote führen, ergänzte Kristin Blum. Sie berichtete aus der Werkstatt, wie die einzelnen Formate entwickelt werden. Für jedes Format werde eine sehr genaue Zielgruppe definiert. Schon von den ersten Schritten an, würden die künftigen Nutzer mit einbezogen. Die Zusammenarbeit zwischen ihnen und den Redakteuren organisiere die Abteilung Community-Management. Über diesen Weg hätten die Konsumenten einen verhältnismäßig großen Einfluss auf die Entwicklung der Formate. Sollte eine „Sendung“ trotzdem nicht funktionieren, so werde sie verhältnismäßig schnell wieder eingestellt, auch wenn es weh tue. Von Moderatorin Tamara Marszalkowski nach einem Blick in die Zukunft gefragt, erwähnte Kristin Blum den schon jetzt stattfindenden Wandel der Sehgewohnheiten auch der älteren Generationen. Die Menschen nutzten zusehends mehr die Mediatheken um Sendungen dann zu sehen, wenn sie es wollten. Aber auch der ständige Dialog mit den Konsumenten werde den Journalismus verändern.