K.I. im Bildjournalismus: Hilfreiches Tool oder Jobkiller? / Auswirkungen für die Fotografen

06. DEZEMBER | 19.30 UHR | IM FPC, ULMENSTR. 20, 60325 FRANKFURT UND IM LIVESTREAM

ZU GAST
Henner Flohr (Leiter der Bildredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)
Michael Gottschalk (Head of Content der Bildagentur Picture-Alliance)
Salome Roessler (freiberufliche Fotografin in Frankfurt und Vorstandsmitglied im Female Photoclub)
Bernd Seydel (freiberuflicher Fotograf in Gotha und Vorsitzender im Bundesfachausschuss Bild im Deutschen Journalisten-Verband)

MODERATION
Karsten Frerichs (FPC Vorstandsmitglied)

Vertrauen in die Quelle schützt vor Fakes

Künstliche Intelligenz im Bildjournalismus

Künstliche Intelligenz ist im Fotojournalismus schon jetzt weit verbreitet. Der Fotograf Bernd Seydel erläuterte auf dem Clubabend des FPC, wie er technisch schlechte Bilder mit den heute gängigen Werkzeugen verbessert. Eine zu dunkel geratene Portrait-Aufnahme könne mit Hilfe Künstlicher Intelligenz aufgehellt und in eine nahezu perfekte Fotografie verwandelt werden. Allerdings wollte er einen klaren Trennungsstrich ziehen zur Generierung von Fotos durch KI. So könne eine Textreportage über die Mosel problemlos mit schicken künstlich generierten Bildern illustriert werden. Kritisch werde es jedoch dann, wenn die geschaffenen Abbildungen keinen Bezug zur Realität hätten, es eben diese Ansichten gar nicht gebe. Die freie Fotografin Salome Roessler berichtete von dem Bild eines kleinen Jungen, das jedoch leicht als Fake zu erkennen gewesen sei, da er sechs Finger hatte. Sie räumte aber gleichzeitig ein, dass die Technik immer besser und fehlerfreier werde und Fakes immer schwieriger zu entlarven seien. Fotografen und Redaktionen liefen der rasanten Entwicklung ständig hinterher. Der Leiter der Fotoredaktion der FAZ, Henner Flohr, ortete das Problem nicht so sehr bei den Profis, sondern eher bei den Amateuren. Es sei ein Leichtes mit dem Handy ein Foto zu schießen und dies anschließend mit den Werkzeugen von Foto Shop zu bearbeiten und die abgebildete Realität zu verändern. Für die Redaktionen sei es wichtig, die Expertise zur kritischen Beurteilung der Fotos zu haben. Allein bei der FAZ gingen täglich rund 17.000 Fotos ein, die von seinem Team angesehen und begutachtet würden. Durch diese tägliche Arbeit entwickelten sich auch weitere Kenntnisse. So seien ihm inzwischen die größeren Straßen von Kabul durch die vielen Aufnahmen optisch vertraut und daher auch im Gedächtnis. Problematisch sei jedoch die Situation für kleinere Redaktionen, die sich eine solche Fachkompetenz nicht leisten könnten. Flohr erläuterte, die FAZ veröffentliche grundsätzlich keine von Künstlicher Intelligenz geschaffenen Fotos. Moderator Karsten Frerichs wollte wissen, wie sich denn die Redaktion verhalte, wenn ein überragendes Bild aus dem Gaza-Streifen geliefert werde. Sofern die Fotografin oder der Fotograf bzw. eine seriöse Quelle nicht bekannt sei, hätte das Foto keine Chance veröffentlicht zu werden, meinte Flohr. So habe die FAZ von den zahlreichen im Netz kursierenden Fotos vom 7. Oktober keines genommen, da sie nicht verifiziert werden konnten. Nach Darstellung vonMichael Gottschalk, Head of Content der Bildagentur Picture-Alliance, vertraut seine Agentur, die täglich rund 40.000 Fotos anbietet, ihren Quellen, nämlich den großen Nachrichtenagenturen wie dpa, Reuters und AP. Außerdem sei seine Agentur durch entsprechende Verträge abgesichert, so dass im Zweifelsfall die zuliefernden Agenturen haften müssten. Gottschalk sah jedoch das größte Problem von gefälschten Fotos in den sozialen Netzwerken. Dort verbreiteten sich in den einschlägigen Echokammern Fake-News sehr schnell und es gebe meist weder den Willen noch die Fähigkeit, Bilder zu hinterfragen. Henner Flohr beschrieb noch eine andere Seite des Problems: die Menschen im öffentlichen Raum verhielten sich zusehends ablehnender gegenüber Fotografen, da sie Missbrauch mit ihrer Ablichtung befürchteten. Bei dem Angebot von Stock Fotos führe das dann vermehrt zur Erzeugung von künstlich geschaffenen Abbildungen. Mehr Wertschätzung für die Fotografen und ihre Arbeit wünschte sich Salome Roessler. Ein seriöses Foto koste Geld, aber viele Redaktionen seien kaum noch bereit, Fotografen angemessen zu honorieren. Und diese Entwicklung geschehe gerade in einer Zeit, in der Fotos eine immer größere Rolle spielten. Das sehr dichte Gespräch über KI im Bildjournalismus beleuchtete sehr anschaulich die vielfältigen Probleme, die durch die vermehrte Anwendung Künstlicher Intelligenz bei der Erzeugung von Bildern entstehen.

Aufzeichnung der Veranstaltung auf unserem YouTube-Kanal

Henner Flohr
Foto © Helmut Fricke / F.A.Z.
Michael Gottschalk
Foto © Picture-Alliance
Salome Roessler
Foto © Boris Roessler
Bernd Seydel

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