True-Crime – zwischen Voyeurismus und Journalismus

Unter dem Titel der „Blickanstifter“ hat Gerichtsreporterin Heike Borufka zusammen mit Podcaster Basti Red auf der Kooperationsveranstaltung mit dem DJV eine Live-Version ihres Podcast präsentiert. Dabei geht es um Michael S., der seine Freundin nur mittels Blicken zu Banküberfällen angestiftet haben soll. “Wie hat der bitte geschaut?”, fragt Basti Red und erntet damit Lacher im Publikum. “Wir finden, dass man auch über ernste Fälle lachen darf, weil sie die Absurdität mancher Fälle aufzeigen und auch die Schwierigkeit darüber zu entscheiden”, so Heike Borufka. An der einen oder anderen Stelle lachen zu dürfen helfe zudem eine Distanz zu den Taten herzustellen. In dem von Moderatorin Ina Knobloch geführten Gespräch meint Borufka: “Ich wollte keine Journalistin oder Journalisten an meiner Seite haben, weil wir zum Klugscheißern neigen. Ich wollte jemanden, der eine andere Sprache spricht.” Seit mehr als 20 Jahren ist sie Gerichtsreporterin beim Hessischen Rundfunk und für ihre Berichterstattung mehrmals ausgezeichnet worden. Den idealen Gegenspieler für den Gerichtspodcast “Verurteilt!” hat sie gefunden: Podcaster Basti Red, der ansonsten eher im Fußball über Expertenwissen verfügt, wie für die Sendungen “drei90”, “Fussball2000” oder “Doppelpass”. Heike Borufka wählt die Fälle aus, die vorgestellt werden, recherchiert Details und erstellt chronologische Zeitabläufe. Basti Red hingegen nimmt die Rolle der Hörerinnen und Hörer ein: Er erfährt erst während des Gesprächs alle Hintergründe zur Tat. “Basti Red hat eine unglaublich gute Wahrnehmung, wo die Lücken sind. Da ich nicht weiß, was er vorher fragt, muss ich mich so gut es geht vorbereiten”, sagt Heike Borufka. “Ich kann so fragen, wie es mich interessiert”, entgegnet Basti Red.

Die ungewöhnliche Mischung hat Erfolg: “Verurteilt!” läuft bereits seit mehreren Jahren, die erste Folge wurde am 22. Mai 2019 gesendet. Der schmale Grat zwischen morbider Unterhaltung und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte erreicht das Duo über die journalistische Sorgfalt: “Die Idee des Podcasts ist es nicht nur Krimis zu erzählen, sondern dass wir über diese vermitteln, wie unfassbar anstrengend und wichtig der Rechtsstaat ist. Das ist auch meine Mission”, so Heike Borufka. Die Frage, die sie hinsichtlich der Täter am meisten interessiere, sei an welcher Stelle im Lebenslauf der Bruch lag. “Dieser Beruf macht mich demütig. Ich habe mittlerweile so viel gesehen und gehört, dass ich weiß, wie schmal der Grat ist und wie schnell man auf der anderen Seite sitzt. Daher versuche ich jeweils zu verstehen wie es so weit kommen konnte”, sagt sie. Und fügt an: “Die Justiz hat meines Erachtens fast nichts mit Gerechtigkeit zu tun, das ist nicht ihr Job. Ihr Job ist es Ordnung zu schaffen, Rechtsfrieden herzustellen. Wenn jemand gewaltsam zu Tode gekommen ist, kann es gar keine Gerechtigkeit geben.” Echte Fälle, echte Urteile, echtes, bisweilen seltsames Leben wird bei “Verurteilt! Der Gerichtspodcast” besprochen, und das bereits in der neunten Staffel. Das Experiment, für einen True Crime Podcast mit einer anderen Art der Moderation eine junge Zielgruppe zu erreichen, ist dem Team gelungen. “Und das ist zum großen Teil sein Verdienst”, so Heike Borufka mit Blick auf Basti Red. “Verurteilt! Der Gerichtspodcast!” kann in der ARD Audiothek sowie bei Spotify abgerufen werden. Zudem kann der True Crime Podcast auch bei Youtube auf dem Kanal der Hessenschau, in der ARD Mediathek sowie freitags im Nachtprogramm der ARD abgerufen werden. Heike Borufka und Basti Red bieten zudem regelmäßig Live Podcasts an.

Hier geht es zum Podcast in der Audiothek der ARD.

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