Künstliche Intelligenz im Journalismus: Chance, Bedrohung, Perspektiven – Auftakt zur KI Reihe

26 JULI | 19.30 UHR | FRANKFURTER PRESSECLUB, ULMENSTR. 20, 60325 FRANKFURT

ZU GAST
Alessandro Alviani (Lead Natural Language Processing – Ippen Digital )
Felix M. Simon (Journalist, Kommunikationsforscher und Doktorand am Oxford Internet Institute)
Sarah Stein (Head of Search Experience beim SWR)

MODERATION
Kim Björn Becker (Politischer Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)

Vorteile und Risiken

Auftakt zur KI-Reihe des FPC

Wohin die Reise mit der Künstlichen Intelligenz (KI) im Journalismus geht, das weiß derzeit niemand. Darüber war sich das Podium während des Clubabends des FPC einig. Allerdings arbeiten zahlreiche Medienhäuser schon jetzt an dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im Alltag. So berichtete Sarah Stein, Abteilungsleiterin beim SWR, von der großen Zeitersparnis durch die automatische Umwandlung von Audio- in Text-Dateien. Dies sei vor allem für die Social-Media-Kanäle von Bedeutung, bei denen es ja oft um die Geschwindigkeit gehe. Als ein weiteres Anwendungsgebiet sah sie die Früherkennung von kritischen Stimmungen zu einem Thema in den Social Media. Das ermögliche der Redaktion moderierend und mäßigend einzugreifen, ehe sich ein Shit-Storm entfalte. Alessandro Alviani vom Ippen-Verlag beschäftigt sich schon seit vier Jahren mit der künstlichen Intelligenz und meinte, der Einsatz der KI schaffe mehr Zeit für qualitätsvolle journalistische Arbeit. Ein Berichterstatter müsse heute nicht mehr ein vierstündiges Interview abtippen, das erledige die Technik in kürzester Zeit. Kommunikationsforscher Felix Simon wollte es nicht so pauschal stehen lassen, dass der Journalismus durch die KI effizienter werde. Dies treffe nur auf einige Tätigkeiten zu. Zudem wies er auf die wachsenden Abhängigkeiten der Verlage von den großen Technikunternehmen hin. Die technischen Oligopole könnten die Konditionen diktieren, die Preise festlegen und auch die Algorithmen ändern. Die Folgen für die Verlage könnten dann recht gravierend werden. Dieses Thema trieb auch Sarah Stein um und sie fragte sich, wie sich die Situation für den SWR wandele, wenn Google den Algorithmus ändere. Derzeit kämen noch 60 Prozent der User über die Suchmaschine. Es sei eine schwierige Aufgabe für den Sender, dann noch relevant zu bleiben, wenn der Verkehr über die Suchmaschine weitgehend wegfalle. Moderator Kim Björn Becker wollte wissen, welche Werte die Medienarchive für die Entwicklung der KI hätten. AP habe das Archiv einem Technik-Konzern zur Verfügung gestellt und im Gegenzug entsprechende Unterstützung bei der Entwicklung eingehandelt. Wie sähe das in Deutschland aus? Seien die Archive wirklich ein Schatz und bekomme der Verlag, der den ersten Schritt unternimmt, das meiste Geld? Alviani warnte davor, dass Medienunternehmen einzeln mit den großen Konzernen verhandeln, dies sollten sie nur gemeinsam machen. Sarah Stein gab kritisch zu bedenken, dass die KI insgesamt sehr männlich agiere. Das sei darin begründet, dass nur jede 4. Fachkraft auch eine Frau sei. Auch Simon und Alviani sahen bei der KI eine große Diskriminierung von Frauen, da dieser Sektor sehr männlich dominiert sei. Allerdings müssten die Journalistinnen und Journalisten die Ergebnisse der KI kontrollieren und sie gegebenenfalls korrigieren oder auch verwerfen, meinte Alviani. Weitgehend ungeklärt ist derzeit das Urheberrecht bei den Produkten der KI. Becker vertrat die Auffassung, urheberrechtlich könne nur geschützt werden, was auch von Menschen geschaffen worden sei. Simon berichtete von einer davon abweichenden Praxis: Wenn ein Mensch sich von der KI ein Bild erstellen lasse, dann erhalte er auch das Urheberrecht dafür. Aber die Rechtsprechung stehe bei dieser Thematik noch vollkommen am Anfang. Zum Abschluss berichtete Becker noch von seinem Chat-GPT-Test. Er habe die Fragen für den Abend bei der Maschine in Auftrag gegeben. Allerdings habe er davon nur wenig übernehmen können, da die Diskussion schon weiter fortgeschritten sei als die von der KI formulierte Problemstellung. Die Gäste des Abends haben eine sehr dichte und lebhafte Diskussion erlebt und blieben noch lange danach in den FPC-Räumen, um die vielen angesprochenen Themen zu vertiefen.

Aufzeichnung der Veranstaltung auf unserem YouTube-Kanal

Alessandro Alviani
Felix M. Simon
Sarah Stein
Foto © SWR / Patricia Neligan
Kim Björn Becker

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